Ob bei Amazon, Enercon, Hugendubel oder „neulich bei Netto“ – bei Streiks und gewerkschaftlichen Organisierungsprozessen spielen Blogs und soziale Onlinemedien eine immer wichtigere Rolle. Bestimmten vor wenigen Jahren noch altbackende „Verlautbarungs-Homepages“ der Gewerkschaftsvorstände das Bild, laufen ihnen mittlerweile kollektiv betriebene Blogs und Facebookgruppen den Rang ab. Diese Entwicklung ist Thema unseres Artikels „Bockwurst war gestern“ in der aktuellen Ausgabe des Freitag, die ab sofort an jedem gut sortierten Zeitungskiosk erhältlich ist.
Motor des neuen Trends sind ganz klar Bereiche, die von der traditionellen Sozialpartnerschaft mit weitgehenden Tarifverträgen und Regulierungen kaum erfasst sind. Im Dienstleistungssektor (Handel, Kranken- und Altenpflege), aber auch in neuen Industriebranchen wie dem Windkraftanlagenbau, haben Gewerkschaften erkannt, dass das Web2.0 neue Chancen der politischen (Inter-)Aktion bietet. Belegschaften, die durch flexibilisierte Arbeitszeiten, Outsourcing, E-Mobility und Zerstückelung von Wertschöpfungsketten im Alltag kaum noch gemeinsame Treffpunkte haben, nutzen die neuen Möglichkeiten, sich über ihre Probleme im Netz auszutauschen.
Zugleich gibt es aber auch Widerstände in den Apparaten: Denn Beschäftigte, die sich ihre eigenen Kommunikationsstrukturen schaffen bzw. erobern, um ihre Bedürfnisse politisch zu artikulieren, sind zugleich auch im traditionalistischen Verständnis von Führung und Basis nicht mehr so einfach zu kontrollieren.