Wer in der Krise am Lenkrad sitzt

Alarm in der Autoindustrie: Ausgerechnet bei Bosch, dem weltgrößten Zulieferer, geht die Belegschaft auf die Barrikaden – aus Angst vor Stellenabbau und Wut über die Abkehr des Managements von der Sozialpartnerschaft. Bei den Protesten gegen den Stellenabbau beim weltgrößten Automobilzulieferer Bosch geht es auch um die Frage: Kann die IG Metall verhindern, dass die Beschäftigten unter die Räder der Transformation kommen? Unsere Hintergrundstory im aktuellen Freitag (13/2024). Am Kiosk und im Abo.
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Major trends in work at sea. A view from the seagull’s perspective

„‘Major trends in work at sea: outline of a political economy of maritime labour’, written  by Jörn Boewe, discusses what a meaningful description of the maritime-industrial-logistic complex could be and outlines some of its key structural features and trends. It provides an overview of the major global players among shipping companies, crewing agencies, port operators and shipyards. It takes an integrated, overall view to define the field, including industries like fishery, off-shore-wind-energy or ship-building and ship wrecking, just to mention some. The long-term trends in the global labour market for seafarers, the global downward spiral in wages and working conditions triggered by the system of ‘flags of convenience’ are portrayed, but also the partially successful efforts of the International Transport Workers’ Federation and national trade unions to stop and maybe reverse the ‘race to the bottom’.“

HANDBOOK OF RESEARCH ON THE GLOBAL POLITICAL ECONOMY OF WORK

Maurizio Atzeni, Dario Azzellini, Alessandra Mezzadri, Phoebe Moore, Ursula Apitzsch (Hrsg.)
708 Seiten
2023
Edward Elgar Publishing Ltd.
ISBN 978-1-83910-657-6

https://www.e-elgar.com/shop/gbp/handbook-of-research-on-the-global-political-economy-of-work-9781839106576.html

Wut und Würde

Um Wut und Würde geht es in zwei Interviews, die Jörn Boewe für den Freitag (04/2024) geführt hat – eines mit Hans-Jürgen Urban vom IG-Metall-Vorstand und eines mit Jana Costas, Professorin für People, Work and Management an der Viadrina-Universität Frankfurt (Oder), die ein halbes Jahr als Reinigungskraft am Potsdamer Platz in Berlin gearbeitet und darüber ein Buch geschrieben hat.

„Wenn die Menschen mit einer schlechten Politik unzufrieden sind“, sagt Urban, “ ist das […] eher positiv als negativ. Selbst Wut kann Positives bewirken. Wichtig ist, dass
der Unzufriedenheit Aufklärung antwortet und dass aus Wut linke Wut wird.“

Das ist nicht weit weg von einer Beobachtung, die Jana Costas reflektiert: „Um zu sagen, ich kann gemeinsam mit anderen etwas verändern, muss ich erst mal das Gefühl haben, ich bin wer und kann etwas sagen.[…] Wenn du permanent nicht als Subjekt wahrgenommen wirst, kostet es ziemliche Kraftanstrengungen, zu sagen: Ja, wir können was verändern, und auch meine Stimme zählt.“

Ab sofort im gut sortierten Zeitungs- und Zeitschriftenhandel.

„80 Prozent der Beschäftigten haben noch nie im Leben gestreikt“

„Mitglied einer Gewerkschaft zu sein und zu streiken, ist alles andere als selbstverständlich“, sagt Heiner Dribbusch. „Ohne intensive Einbeziehung und Aktivierung der Beschäftigten geht deshalb gar nichts.“ Jörn Boewe hat den Arbeitskampfforscher für den Freitag (35/2023) interviewt und mit ihm über sein neues Buch gesprochen. >>> mehr >>>

Dr. Heiner Dribbusch (Jahrgang 1954) ist Schreiner und Sozialwissen-
schaftler. Von 2003 bis Ende 2019 arbeitete er als Tarif- und Arbeits-
kampfexperte beim  Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut 
der Hans-Böckler-Stiftung (WSI). Für die jährlichen WSI-Arbeitskampf-
bilanzen war er seit 2008 verantwortlich. Im Juli erschien sein Buch 
STREIK. Arbeitskämpfe und Streikende in Deutschland seit 2000 – 
Daten, Ereignisse, Analysen beim VSA:Verlag Hamburg.

Major trends in work at sea: outline of a political economy of maritime labour

Working conditions and economic trends in the maritime sector often only refer to seafarers on  board merchant ships and dockworkers. This conventional view is no longer appropriate in the face of recent and long-term trends in the maritime economy. To understand what the political economy of maritime labour is, we must first take an integrated, overall view to define the field, including industries like fishery, off-shore-wind-energy or ship-building and ship wrecking, just to mention some.


The article discusses what a meaningful description of the maritime-industrial-logistic complex could be and outlines some of its key structural features and trends. How many employees work “around shipping,” in which fields of activity and under which working conditions? How does the recruitment of maritime personnel work today? It provides an overview of the major global players among shipping companies, crewing agencies, port operators and shipyards. The long-term trends in the global labour market for seafarers, the global downward spiral in wages and working conditions triggered by the system of ”flags of convenience“ are portrayed, but also the partially successful efforts of the International Transport Workers‘ Federation and national trade unions to stop and maybe reverse the ”race to the bottom.”
https://www.e-elgar.com/shop/gbp/handbook-of-research-on-the-global-political-economy-of-work-9781839106576.html

Gewerkschaften im Aufwind?

Gewerkschaften vermelden so viele neue Mitglieder wie noch nie in kurzer Zeit. Woran liegt das? Und wird die kriselnde Arbeiterbewegung daraus neue Stärke ziehen?

Darüber schreibt Jörn Boewe im neuen Freitag (26/2023): „Wo immer Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auf die Menschen zugehen und ein Angebot machen, gemeinsam nach Lösungen und Verbesserungen zu suchen, gehen Mitgliederzahlen und Aktionsbereitschaft nach oben. Aber Achtung: Das heißt nicht, dass die Krise der Gewerkschaften überwunden ist. Die verlieren seit 30 Jahren Mitglieder, und auch in diesem Jahr wird das so bleiben. Die Gründe dafür sind vielfältig – Strukturwandel, Kulturwandel, Demografie. Mit einigen dieser Megatrends müssen sich Gewerkschaften arrangieren, aber es gibt Dinge, die sie anschieben können. Mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch kommen, gehört dazu.“
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Im Osten was Neues …

Zwei Veröffentlichungen aus unserem Haus schauen in diesem Frühsommer Richtung Osten: Ein Gespräch mit Katja Barthold, Boris Bojilov und Stefan Bornost über die Chancen und Schwierigkeiten gewerkschaftlicher Arbeit in Ostdeutschland (erschienen in der Zeitschrift Luxemburg 1/2023). Eine der Kernthesen bringt Stefan Bornost so auf den Punkt: „Organisierung klappt. Hauptsächlich, weil die Arbeitsmarktsituation heute eine andere ist. Die Leute haben weniger Angst.“ >>> mehr>>>

Außerdem gibt es einen Artikel im aktuellen Heft der Zeitschrift Sozialismus (Nr. 6/2023) aus Hamburg, in dem wir dafür argumentieren, IG Metall und Betriebsräte deutscher Unternehmen sollten im Prozess der aktuellen Transformation der Automobilindustrie die osteuropäische Peripherie genauer in den Blick nehmen: „Auch wenn China und die USA als Produktionsstandorte und Absatzmärkte an Bedeutung gewinnen und im globalen Subventionswettlauf etwa um die Ansiedlung neuer Batteriefabriken eine enorme Sogwirkung entfalten, lohnt es sich für die IG Metall und die europäischen Automobilarbeitergewerkschaften, die unmittelbare Peripherie nicht aus dem Fokus zu verlieren. Osteuropa bleibt für die deutsche Autoindustrie verlängerte Werkbank und strategischer Zielort für die Verlagerung arbeitsintensiver Produktion – und inzwischen sogar mehr als das.“ Die Antwort auf den Verlagerungsdruck kann nur gewerkschaftliche Kooperation und Unterstützung in den Zielländern sein. Dafür braucht es Strategie, Ressourcen und einen langen Atem. Aber: Es gibt durchaus Beispiele, dass das funktionieren kann, wie etwa das der Mercedes-Benz-Tochter StarTransmission im rumänischen Cugir zeigt, wo es der Gewerkschaft SindICAtul Liber Independent (ICA) gelang, mit Unterstützung von IG Metall und industriALL einen Tarifvertrag zu erkämpfen. Und andererseits? Es gibt dazu keine Alternative, so einfach. >>> mehr >>>

 

 

 

Organisieren am Konflikt

„Mitglieder wollen sich beteiligen und mitbestimmen, wenn es um ihre persönlichen und  unsere gemeinsamen Interessen geht.“ Der Satz ist von Andrea Kocsis, ver.di-Vizevorsitzende und die Frau hinter dem aktuellen Streik bei der Post. Er steht in dem VSA-Buch „Organsieren am Konflikt“  von 2013, dem Organizing-Klassiker von ver.di. 2013 erschien, ebenfalls bei VSA, auch „unser“ vom damaligen IG-Metall-Vize herausgegebenes Buch „ORGANIZING. Die Veränderung der gewerkschaftlichen Praxis

durch das Prinzip Beteiligung“ (das IG Metall-Pendant sozusagen). Der Titel „Organisieren am Konflikt“ stammt eigentlich von Heiner Dribbusch und steht über seinem Beitrag im ver.di-Buch. Und weil er so schön ist, hat ihn jemand nun ein drittes Mal „ausgeliehen“ und über mein Kocsis-Porträt gesetzt, das ich Ende Februar für die Wochenzeitung Der Freitag geschrieben habe. Leider ist mir ein Zahlendreher unterlaufen: Andrea Kocsis ist 1965 geboren, nicht ’56, wie in der Druckfassung steht.

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Empowerment der kleinen Leute

„Zitzelsberger macht es vor“ hat die Freitag-Redaktion über meinen Kommentar zur Metall-/Elektro-Tarifrunde geschrieben. Für meinen Geschmack klingt das ein bisschen zu sehr nach Personenkult, aber es ist natürlich nicht falsch. Tatsächlich ist der vor einer Woche erzielte Pilotabschluss vor allem ein Ergebnis des guten Zusammenspiels von vielen Hunderttausenden in den Betrieben und einer strategisch klugen Führung.

Auch wenn das Ergebnis unterm Strich einen bitteren Reallohnverlust bedeutet, wird es in den Betrieben dennoch als Erfolg gewertet. Warum? Weil es dort ein feines Gespür für die politisch-ökonomische Lage gibt. Wünschen kann man sich viel, man muss es aber auch durchsetzen können. An der Basis der IG Metall überwiegt wohl die Überzeugung, dass dieses Ergebnis nicht das schlechteste ist, was hätte herauskommen können.

Mehr noch: Es kam überhaupt nur deshalb zustande, weil es bundesweit eine Mobilisierung durch betriebliche Aktive gab, wie man sie von früheren Tarifrunden in dieser Form nicht kannte. Erstmals wurde eine M/E-Tarifbewegung bundesweit als Organizing-Kampagne aufgezogen. Auch wenn der Abschluss oberflächlich betrachtet ohne großen Konflikt erreicht wurde, deutet sich hier eine Kulturrevolution in der IG Metall an. Die dürfte für manche noch schmerzhaft werden, geht sie doch mit Kontrollverlust für Betriebsräte und Apparat – die traditionellen Machtzentren der Organisation – einher.

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