Der Historiker und Arzt Karl Heinz Roth hat ein brillantes Buch über die Coronapandemie seit 2019 geschrieben. Der 500 Seiten starke Band „Blinde Passagiere. Die Coronakrise und die Folgen“ ist im Grunde eine Medizin- und Sozialgeschichte. Für die Wochenzeitung Der Freitag habe ich mit dem Autor über einige seiner zentralen Ideen und Fragestellungen gesprochen. Es geht um die Besonderheiten der SARS-CoV-2-Pandemie aus medizinischer Sicht, um ihre Rolle als Beschleuniger der digitalen Revolution, um Verschiebungen im politischen Diskurs und die Krise der Linken.
„Pandemien sind natürliche Prozesse, deren Verlauf durch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände beeinflusst wird“, sagt Roth. „Der Tunnelblick der Experten thematisiert in der aktuellen Coronapandemie jedoch nur bestimmte Einzelaspekte. Meistens tut er das auch mehr oder weniger richtig. Nur verallgemeinert er diese Einzelaspekte unter Ausschluss der anderen. Im Grunde ist das klassisches Fachidiotentum.“ Sein Fazit: „Wir befinden uns (…) in einer Situation, in der sich
die Wissenschaft im Blindflug befindet – die Politik aber auch.“