Zuhören, handeln, siegen

„Wann haben wir das letzte Mal eine Frage, die die Leute im Alltag bewegt, mit ihnen diskutiert? Und wie oft haben wir in unseren Terminkalender geguckt und gesagt: Ich habe keine Zeit, vielleicht morgen?“ So der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Mannheim, Klaus Stein, in einer Reportage von Jörn Boewe für WEGMARKEN, die Special Edition der German Times zum 70. Jahrestag der DGB-Gründung (S. 13). Stein und seine Kolleginnen und Kollegen haben vor knapp einem Jahr begonnen, ihre Arbeit auf eine neue Weise zu organisieren. „Wir in Mannheim – gemeinsam stark!“ ist eine Art Pilotversuch, bei dem Vertrauensleute und betriebliche Aktive das Rückgrat bilden. Gemeinsame monatliche Tagesworkshops, praxisnahe Schulungen, konkrete Aktionsplanungen, gegenseitige kollegiale Beratung – das sind die Elemente. Letztlich geht es darum, „unsere politi-sche Arbeit vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen“, bringt es Stein auf den Punkt.

Im selben Blatt schreibt Johannes Schulten über neue Ansätze internationaler gewerkschaftlicher Solidarität (S. 19) und schaut sich dazu die Arbeitskämpfe bei Amazon, Ryanair und im ungarischen Automobilcluster Györ an. Sein Fazit: „Internationale Gewerkschaftszusammenarbeit wird konkreter, operativer und fokussierter.“ Der „Internationalismus der Sonntagsreden“ war gestern. Die von ihm vorgestellten Beispiele zeigen, „was möglich ist, wenn sich Arbeitende über Grenzen hinweg zusammentun.“

http://www.times-media.de/special_editions.html

Zu nah an der Null

Dumping: Die Lufthansa will ihr Catering verkaufen. Dessen US-Angestellte arbeiten für Hungerlöhne. Von Jörn Boewe, Der Freitag, 43/2019, 23. Okt. 2019

Tausende Lufthansa-Beschäftigten in den USA arbeiten zu Armutslöhnen und unter Bedingungen, die in Europa unvorstellbar wären. Das geht aus einer Mitte Oktober von der Internationalen Transportarbeiterföderation und der US-Gewerkschaft Unite Here veröffentlichen Studie über die Lufthansa-Catering-Tochter LSG Sky Chefs hervor.

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Hoch die Internationale

Amazon: Sechs Jahre dauert der Arbeitskampf, inzwischen steht ver.di nicht mehr allein im Ring

Von Jörn Boewe und Johannes Schulten, der Freitag 41/2019, 10. Okt. 2019

Ende September legten Beschäftigte bei Amazon in Leipzig – wieder mal – für drei Tage die Arbeit nieder. Rund 400 der insgesamt 1.300 Versandmitarbeiter beteiligten sich laut Verdi am Streik. Standortleiter Dietmar Jüngling versicherte im MDR, man habe trotz des Ausstands „alle Pakete pünktlich auf die Lkw schaffen können“. Auch weil es in solchen Situationen üblich sei, „dass alle unterstützen und mithelfen“ – im Klartext: auch die Verwaltungsangestellten müssen anpacken. Man könne auch „Warenströme über andere Standorte umleiten“. Im Klartext: streikbedingte Lieferengpässe aus Leipzig werden durch die polnischen Versandzentren in Wroclaw und Poznan kompensiert.

Das Szenario erscheint mittlerweile routiniert: Die Gewerkschaft und ihr Gegenspieler laufen sich warm fürs Weihnachtsgeschäft. Alles wie immer? Nicht ganz. Amazon 2019 ist nicht mehr derselbe Konzern wie 2013, als Verdi den Kampf aufnahm. Aber auch bei den Gewerkschaften ist einiges passiert.
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